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Kleine Rieslingreihe Teil 3

 

Siegfried sagt, „Genau so riecht ein Riesling.“ Aber als wir versuchen die Worte zu finden, für das, was wir da riechen, wird es schwer. Grüne Früchte… aber welche genau? Was macht diesen Rieslinggeruch aus? Schwer, schwer, sehr schwer.

 

Da uns unsere bisherigen Riesling-Extravaganzen der grundlegenden Beschreibung dieser Rebsorte nur bedingt näher gebracht haben, gilt unser Interesse heute abend dem gemeinen Riesling. Der genau das liefert, was man von ihm erwartet. Ein Discounterwein scheint die passende Wahl zu sein.

 

Wir nehmen einen ersten Schluck des Rieslings vom Weingut Leitz, aus dem Rheingau.

 

Beim Geschmack finden sich die Assoziationen schneller ein als beim Geruch: Gelbe Kiwi, die schon ein bisschen drüber ist. Deren beißende Schärfe setzt sich auf die Zungenspitze, Süße breitet sich aus und spät enthüllt sich auch noch eine verhaltene Alkoholnote.

 

Und da ist noch mehr. Etwas Mineralisches, aber nicht dieses trockene Gefühl, wie es vielleicht ein schieferhaltiger Boden hervorbringt, sondern etwas, das irgendwie feucht und nachgiebig ist, wie nasse Kreide.

 

Beim zweiten Glas merken wir, dass wir noch nicht fertig sind. Charles schmeckt Gurkenwasser. Vielleicht, meint Siegfried.

 

Und mit ein bisschen Geduld ergibt sich eine neue Fährte: Eine dieser Melonen, die innen grün sind. Man beißt in ein Stück und spürt die labbrige, klebrige Süße dort wo die Kerne waren. Genauso schmeckt das zweite Glas.

 

Wir stellen fest, dass dieser Wein uns keine bahnbrechenden Erkenntnisse über die wahre Natur des Rieslings geliefert hat. Gar nicht so einfach dieses Rebsortenantrinken.

 

Charles merkt außerdem an, dass unsere Leser aufgrund unserer Beschreibung ein Geschmacksfeuerwerk von diesem Wein erwarten werden. In Wirklichkeit ist er aber  auch etwas wässrig und vage. Naja, meint Siegfried, prinzipiell sind die Geschmäcker doch alle da. Nur muss man gedanklich 50 bis 80 Prozent abziehen.

Blender und Charmeur

Kleine Rosé-Reihe, Teil 2

Der laue Sommerabend verleitet die Instinkttrinker dazu, gleich zwei Weine zu verkosten.

Zuerst greifen wir zum Coteaux D’Aix-En-Provence 2017.

Frisch blüht er auf, mit einem leicht stachligen Prickeln am Gaumen. Deutlich schmeckt man den Alkohol heraus und schnellen Zucker, was uns zu der klaren Assoziation einer Bowle leitet, in der Dosenpfirsiche treiben. Das alles verhallt aber nach einem Augenblick, hinterlässt nur einen leichten Hauch von Grappa.

Naja, etwas enttäuscht sind wir schon, um ehrlich zu sein. Trotzdem ist es ein vertretbarer Sommerwein, der auf einer Party mit 40 Leuten unauffällig und angenehm vom Glas über den Gaumen schlenkern würde. Um ihn zu zweit zu genießen, verpufft er jedoch viel zu schnell. Seine Herkunft aus dem Discounter lässt sich eben nicht ganz verleugnen.

All unsere Hoffnungen knüpfen sich nun an die zweite Flasche:

Baronnie de Montgaillard 2016

Und hier sieht die Sache zum Glück schon ganz anders aus. Dieser Tropfen aus dem Languedoc tänzelt deutlich eleganter, mit perliger Säure die Zunge entlang. Zuerst scheint der Geschmack von weißem Kandis auf, um gleich wieder zu verschwinden. Eine leichte, edle Bitterkeit, wie von den Fasern einer Pampelmusenhaut, verschafft sich Raum, geht nach einem weiteren Moment in eine feine Dunstwolke über, als hätte man eine Orangenschale zusammengedrückt. Diese Orangennote bleibt länger bestehen, verleiht dem Baronnie de Montgaillard einen saftigen Ausklang.

Ein sehr gutes Getränk, um damit in der Hand gemeinsam in die Dunkelheit zu starren und das Abkühlen der Luft nach einem heißen Tag zu genießen – finden eure Instinkttrinker.

Epilog:

Leider scheint sich der Baronnie de Montgaillard 2016 nicht ganz einfach nachbestellen zu lassen. Aber wir halten die Augen danach offen.