Kleine Riesling-Reihe, Teil 1
„Wäre es nicht schön, sich etwas Fachwissen zu verschiedenen Rebsorten anzueignen?“ Diese Frage stellten sich die Instinkttrinker unlängst. Ja, das wäre schön, vor allem, wenn man unserem Grundsatz des intuitiven Lernens Folge leistet und sich das Wissen antrinkt. Oder feiner gesprochen: Es ausschließlich über Nase, Zunge und Gaumen erwirbt, ganz unbeirrt von vermeintlichen Fakten.
Daher eine kleine Riesling-Reihe.
Den Anfang macht ein Riesling von 2016 aus der Pfalz, vom Weingut Spieß, und zwar ganz einfach deshalb, weil Siegfried ihn Charles zum Geburtstag geschenkt hat.
Ein prickelndes Feuerwerk empfängt uns beim ersten Schluck. Ein fast brauseartiger Sommergenuss, der dennoch feinverästelt und komplex wirkt. Unter dem Prickeln ist es fruchtig, aber auf welche Weise genau, bleibt uns längere Zeit im Unklaren.
Wir sehen Mauerseglern bei ihren flinken Volten zu und führen laue Gespräche über Urlaube und Umzüge.
Ein Glas weiter, die Flasche neigt sich bedrohlich ihrem Ende entgegen. Dann erkennen wir die Birne, überreife Birne, eine gelbe Birne, die beim Essen im Mund zerfließt! Dazu ein kalter Hauch von Wacholder. Eine begeisternde Mischung, gelb und blau, sagt Siegfried. Der Geschmack dieses Weins ist tatsächlich betörend, breitet sich im ganzen Mundraum aus und ist kaum zu lokalisieren. Siegfried vermutet, dass genau das mit „vollmundig“ gemeint ist.
Dieses erste Herantasten an die Eigenschaften des Rieslings stellt einen wahren Genuss für uns dar. Halbtrocken war dieser Tropfen, muss zur Einordnung vermerkt werden. Ein gelungener Auftakt, aber: Was macht einen Riesling aus? Von der Antwort auf diese Frage sind wir noch einige Flaschen entfernt. Immerhin teilt Charles mit, schon die nächste erworben zu haben…