Kleine Rosé-Reihe Teil 3
Einer seltenen Einladung aufs Land folgend, sehen die Instinkttrinker die Möglichkeit, im Rahmen der Feierlichkeiten den ein oder anderen Rosé zu verkosten und somit unsere kleine Reihe weiterzuführen. Dieses Unterfangen stellt sich aber als ungeahnt schwierig heraus. Im Stimmengewirr ist es schwer einen klaren Gedanken zu fassen. Aktuelle Vulkanausbrüche, der Niedergang der Nationalmannschaft nach Philipp Lahm, Beziehungserwartungen in Mexiko, Mikroplastik in Pflegeprodukten – all diese Themen ringen um Aufmerksamkeit und torpedieren unsere gaumenwärtige Innenschau.
Wir versuchen es trotzdem, und nehmen uns zuerst den Bordeaux Rosé AOC vor.
Charles vermeint geriebene Orangenschale zu erschmecken, aber Siegfried schreitet energisch ein: Es ist Pink Grapefruit! Und das stimmt. Der Geschmack ist herb und geradeheraus. Schnörkellos und überraschend langlebig.
Siegfried füllt nun die Gläser mit dem Gran Verdier Syrah Rosé den er vor einem Jahr getrunken und in guter Erinnerung hat.
Umso rüder ist das Erwachen. Dieser Wein versucht uns zu übertölpeln! Bevor sein Grundaroma wirken kann, wird es von sich rasch ausbreitender Süße überschwemmt, die sich langsam im Mund überschlägt. Sehr anbiedernd, findet Siegfried. Was liegt unter diesem gefälligen Kandisgeschmack und den vagen Fruchtaromen? Eine bittere, geradezu käsige Note, wie von Comté. Charles gesteht dem Tropfen noch einen Nachgeschmack von Rosenblättern zu, aber Siegfried bleibt auch hier bei Käse.
Unter Blitzen und Donnergrollen beginnt ein Sturzregen und wir drängen uns mit den anderen Gästen unter den Sonnenschirmen zusammen, die bald so durchnässt sind, dass sich fette Tropfen von ihrer Unterseite lösen.
Wir gießen uns etwas Corsaire Rosé ein.
Der Cosaire perlt frisch über den Gaumen ist aber erstmal schwer einzuordnen. Wir lauschen im Stimmengewirr in uns hinein. Nach einer langen Pause sagt Siegfried: „Stell dir vor, du reitest auf einem Schimmel durch die Provence.“ Charles stellt es sich vor. „Lass dich drauf ein.“ Charles lässt sich drauf ein. „Und jetzt denk an Lavendel, tiefdunklen Lavendel, der dieses Betäubende hat.“ Ja. Genau das ist es. Und dann klingt der Corsaire mit dem Geschmack von Walderdbeeren aus – halbreifen, auf der einen Seite schon roten auf der anderen noch weißen Walderdbeeren.
Welcher Wein ist nun der Favorit des heutigen Abends? Keiner der drei hat uns in Begeisterungsstürme versetzt. Nach einigem Überlegen einigen wir uns auf den geradlinigen, herben Bordeaux Rosé AOC, den wir beim Discounter erstanden haben. Er ist simpel und ehrlich und damit keine schlechte Wahl für den heutigen Sommerabend.
Genug. Das Wetter wird ungemütlich und in das ein oder andere Gespräch will man sich doch noch einmischen. Wir verschieben das Fotografieren der Flaschen auf den nächsten Morgen. Keine gute Idee.