Blender und Charmeur

Kleine Rosé-Reihe, Teil 2

Der laue Sommerabend verleitet die Instinkttrinker dazu, gleich zwei Weine zu verkosten.

Zuerst greifen wir zum Coteaux D’Aix-En-Provence 2017.

Frisch blüht er auf, mit einem leicht stachligen Prickeln am Gaumen. Deutlich schmeckt man den Alkohol heraus und schnellen Zucker, was uns zu der klaren Assoziation einer Bowle leitet, in der Dosenpfirsiche treiben. Das alles verhallt aber nach einem Augenblick, hinterlässt nur einen leichten Hauch von Grappa.

Naja, etwas enttäuscht sind wir schon, um ehrlich zu sein. Trotzdem ist es ein vertretbarer Sommerwein, der auf einer Party mit 40 Leuten unauffällig und angenehm vom Glas über den Gaumen schlenkern würde. Um ihn zu zweit zu genießen, verpufft er jedoch viel zu schnell. Seine Herkunft aus dem Discounter lässt sich eben nicht ganz verleugnen.

All unsere Hoffnungen knüpfen sich nun an die zweite Flasche:

Baronnie de Montgaillard 2016

Und hier sieht die Sache zum Glück schon ganz anders aus. Dieser Tropfen aus dem Languedoc tänzelt deutlich eleganter, mit perliger Säure die Zunge entlang. Zuerst scheint der Geschmack von weißem Kandis auf, um gleich wieder zu verschwinden. Eine leichte, edle Bitterkeit, wie von den Fasern einer Pampelmusenhaut, verschafft sich Raum, geht nach einem weiteren Moment in eine feine Dunstwolke über, als hätte man eine Orangenschale zusammengedrückt. Diese Orangennote bleibt länger bestehen, verleiht dem Baronnie de Montgaillard einen saftigen Ausklang.

Ein sehr gutes Getränk, um damit in der Hand gemeinsam in die Dunkelheit zu starren und das Abkühlen der Luft nach einem heißen Tag zu genießen – finden eure Instinkttrinker.

Epilog:

Leider scheint sich der Baronnie de Montgaillard 2016 nicht ganz einfach nachbestellen zu lassen. Aber wir halten die Augen danach offen.

 

 

Die Instinkttrinker melden sich zurück!

Kleine Rosé-Reihe, Teil 1

Wir sind zurück! Die Fastenzeit ist schon eine ganze Weile vorbei und es ist höchste Zeit wieder mit gezücktem Notizbuch das Kämmerlein zu öffnen, wo das weingefüllte Schwerlastregal wartet.

Auf der Türschwelle entscheiden wir uns dafür, nach der langen Wartezeit eventuelle Leser unseres Blogs mit einer programmatischen Neuerung zu überraschen. Genauer gesagt, wollen wir uns überhaupt an etwas wie einem Programm versuchen, noch genauer: An einer kleinen Reihe zu Rosés.

Die Wahl fällt auf den Elégance de Tourteau Chollet.

Siegfried probiert als erster und sagt sofort: „Ein richtiger Frühlingswein.“ Der erste Schluck ist von einem überraschend deutlichen, aber durchaus angenehmen Alkoholhauch umweht und ein kühler Geschmack – wie Messing – legt sich auf die Zunge. Siegfried erschmeckt süßen Taubnesselnektar, aber da ist noch eine andere deutliche Fruchtnote, auf die wir nicht direkt kommen.

Nach einigem Herumtasten haben wir es endlich: Es schmeckt nach weißem Plattpfirsich und dazu passt auch der ungewöhnliche, weiche, pelzige Nebenklang, der zusammen mit einer leicht bitteren Note an Pfirsichhaut erinnert. Charles vermeint darüberhinaus ein Prickeln festzustellen, aber Siegfried wiederspricht. Doch irgendetwas ist definitiv zu spüren, eine feinperlige Struktur, die auf den Geschmacksknospen schimmert.

Schon nach dem ersten Glas löst sich das Pelzige, Bittere auf und das Alkoholische verdichtet sich auf der Zunge zu einem Anklang kurzgereiften Cognacs. Ohne die bitteren Nebentöne tritt die Pfirsichnote jetzt klar und unmissverständlich hervor und macht für uns den Wein mit einem Schlag besonders. Siegfried hat die spontane Vision eines Frühlingsfestes mit Blumenschmuck aus weiß-orangenen Gestecken.

Wir beschließen: An einem lauen Frühsommerabend ist der Elégance de Tourteau Chollet genau der richtige Wein für einen Ausflug in den nächstgelegenen Park.