… wird endlich gut.

Hiermit ist es geschehen: Wir geben ein Monopol auf. Über zwei Jahre lang sind wir die einzigen Offline-Blogger Deutschlands gewesen. Auf Zugreisen durch die Republik, in Landgasthöfen und Weinläden, auf Straßenfesten und Hauspartys fielen immer wieder die Worte: „Wir haben auch einen Weinblog. Instinkttrinker.“

Dass dieser Blog noch nicht im Internet existierte und streng genommen auch in keinem anderen Medium – abgesehen vom altehrwürdigen Vehikel des gesprochenen Wortes – störte uns wenig. Denn bald, am Wochenende wahrscheinlich, würden wir uns zusammensetzen und das Ding anfangen.

In anderen Lebensbereichen sind wir mit leeren Versprechungen der Art, ob uns selbst oder anderen gegenüber, immer recht gut gefahren. Leider gab es in diesem Fall einen neuartigen Faktor: Den Offline-Follower. Unzufriedene Offline-Follower können äußerst unangenehm sein. Nicht zuletzt sind sie in der Lage einem nicht nur metaphorisch sondern auch physisch folgen. Unsere Situation verfinsterte sich und wir entschlossen uns endlich den Schritt ins Digitale zu unternehmen.

Aber dann, in den vergangenen Tagen, überkamen uns wieder Zweifel. Nicht dass wir uns vor Arbeit scheuten. Einen Wein zu trinken und mit tanninbepelzter Zunge die richtigen Worte dafür zu suchen ist für uns zu einem vollkommen intuitiven Prozess geworden. Aber hatten wir uns nicht ohne es zu merken ganz dicht an die Pyramidenspitze der Informationsavantgarde bewegt? Sollten wir nicht an unserem organisch entstandenen Offlineblogkonzept festhalten und unsere Posts – in Form von per Matrize verfielfältigten Zetteln – über die schwarzen Bretter von Supermärkten, Universitäten und Zoohandlungen verbreiten? Würde uns nicht bald von Dalston bis Williamsburg nachgeeifert werden?

Wir werden nie erfahren, was gewesen wäre. Unser Zaudern muss irgendwann ein Ende haben, auch wenn dafür Zukünfte geopfert werden müssen. Und so befinden wir uns hier, in einem gutverborgenen, noch kaum besuchten Winkel des Internets und warten auf unsere digitalen Gefolgsleute.

 

 

 

 

Was lange währt…

Wenn man weiß, was man riechen soll, sind die Rosen und Veilchen nicht mehr aus der Nase zu bekommen.

Ruchè Di Castagnole Monferrato 2015

Wenn man es nicht weiß, riecht dieser Ruchè wie der erste Siloanschnitt bevor der silierte Mais der Kuh verfüttert oder der Biogasanlage einverleibt wird. Findet zumindest Siegfried Syrah.

Für die Instinkttrinker bedeutete dieser Wein eine steile Lernkurve. Zuerst in kleine Rotweingläser gefüllt und ohne Zeit zu atmen angegangen, war wenig Mythisches an dem Tropfen. Allenfalls die purpurne Färbung fiel auf. Als dann aber ein Glaswechsel vorgenommen wurde – erzwungen durch einen lampenfiebrigen Ellbogenstoß von Charlie Chardonnay – und der Wein durch das Ringen mit dem Layout etwas Zeit bekam, eröffneten sich jedoch außergewöhnliche Aromen.

Also – wichtig für Genießer, damit nicht das Salatdressing mit diesem besonderen, aber in kleinen Gläsern nach Essig riechenden Wein abgeschmeckt wird – trinkt ihn aus bauchigen Gläsern!

Aber wie schmeckt er? Keine Spur von Blumen. Er wirkt klar, hat eine gewisse Schwere und einen in sich geschlossenen Geschmack, der sich auf seinem Weg über Zunge und Gaumen nicht verändert.  Aber trotz seiner Klarheit ist das Aroma schwer zu fassen. Sehr fruchtig, aber die üblichen Verdächtigen scheiden aus. Nach längerem Herantasten vermeinen wir Holunderbeeren zu erschmecken. Siegfried entdeckt dazu überreife Kirsche. Nach einer guten Weile bemerkt man auch einen Hauch von Tannin. Und noch viel später: Die Rosen und Veilchen stehlen sich nun doch auf die Zunge.

Fazit: Ein sehr schöner Wein, der die Instinkttrinker direkt zu Beginn vor eine schwere Prüfung gestellt hat: Mit einem ganz klaren Aroma, das sich aber noch unseren Beschreibungsversuchen entzieht. Dieser äußerst ungewöhnliche Tropfen ist etwas für den stillen Genuss, aber eignet sich auch hervorragend für alle jene, die mal mit Kennergeschmack beeindrucken wollen.